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Weinbau im 17ten Jahrhundert

Entnommen aus

PRODROMUS LIBER QVARTI VINEA ET POMARIUM Cap. XLI.

(Wein- und Heimatmuseum)

Guten Wein im Herbst zu machen.

Das bey den Lateinern übliche Sprichwort: Dimidium facti qui benè copit habet: Wer wol anfängt / hat halb geendt / hat auch allhier zur Leesens-Zeit nicht unbillich seinen Platz; dann / wie ein Mensch / aus dem etwas rechtschaffenes werden soll / in erster Jugend darzu muß angehalten werden: Also wer edle und köstliche Wein haben will / muß sie /weil sie noch Möste sind / darzu anleiten.
Die Weinsüsse und starck zu behalten / ist das gewisseste / daß man die Möst einen Spann oder mehr hoch lasset lähr ligen / so müssen sie untersich girren / und behalten alle Krafft in sich / nachmals aber muß er bald abgezogen werden.
Andere nehmen 4 oder 5 süsse Aepfel / schneiden solche entzwey / und werffens in den gierenden Most / und thun diß öffter als einmal; man kans an einen Spahet anfassen / und wann der Most aufgehöret hat zu gieren / kann mans wieder heraus thun; so doch von etlichen versucht / und kein sonderlicher Effect davon gespühret worden.
Item wann der Wein im Gieren ist / da er beginnet abzunehmen / und nicht mehr so starck aufschwellet / so geuß Most darein / der erst von der Presse kommt / und darzu sauber gestossenen Weinsteins ein wenig / nach Beduncken / und laß ihn untereinander gieren / hat er sich gesetzt / so wiederhole diß abermal / und dieses viermal / und laß das Faß nicht übergehen / so wird der Wein gut und starck / darzu lieblich und dauerhafftig.
Item wann der Wein anfängt zu gieren / so nimm eine Halbe roth Senff-Mehl / thus ins Faß / Rühr den Wein eine halbe Stund wol untereinander; dieser Wein bleibt allzeit süß. Diß thut auch / wann man in einem halben Dreyling zwey Hand voll Nessel-Saamen / und ein Loth weissen Weyrauch mit einem Säcklein in den Most hänget.
Most ein gantzes Jahr süß zu behalten: Fülle ein wolabgebunden Fäßlein mit süssen guten Preß-Most / vermach es wol / und thue es alsobald in einen Bronnen / daß das Wasser auf sechs oder sieben Schuhe hoch darüber gehe / laß es also 6. Wochen oder 2. Monat ligen / so wird der Most (von der Kälte verhindert) nicht gieren / weder vor /noch darnach / und das gantze Jahr süß bleiben.
Item man mag das Faß / darein man den Most abziehen will / auf seine Stelle legen / und vorhero eine Hand voll Saltz braun brennen /und in das Faß thun / darnach ein paar Gläsel voll Brandwein auf das Saltz giessen / und dernach ein mit Brandwein nasses Tüchlein anzünden / und bey dem Spund hinein fallen lassen / so entzündet sich der Brandwein / und gibt einen guten Rauch / dacon der Wein beständig verbleibt.
Item wann der Wein im Herbst vergoren hat / so nimm ein Maß Malvasier / sieds in einem Kesselein mit 2. Loth gestossenen Zimmetrinden / und gieß es heiß darein /verbail es / und laß es 4. Wochen also ligen / hernach nimm ein halb Pfund Zuckers und 2. Maß süssen Weins / seuds untereinander / gieß es ins Faß / verspunde es / und laß es abermal 4. Wochen ligen.
Item: Nimm den besten Brandwein / thue einen Vierding Galgant / 3 Loth Nägelein / 4 Loth Ingwer / 4 Loth Zimmet / und etliche Pfersichkörner gestossen darein / laß alles acht Tage darinnen ligen / darnach läutere den Brandwein herab / und gieß in ein jegliches Faß nach deinem Gefallen. 

Etliche / wann sie den Wein nicht wollen gieren lassen / und wie obgemeldt / die Faß etwas lähr lassen /giessen im Gieren 1 Maß oder mehr / drey- oder viermal / abgezogenen Brandwein darzu / auf einem langen Brettlein / so mitten ein wenig hol ist / daß der Brandwein sacht in den Most obenher komme / und nicht gewaltsam hinab falle / so macht er den Most unter sich gieren.
Andere nehmen ein Loth Zimmetrindend / item Nägelein / langen Pfeffer und Zucker / jedes Loth auch so viel Enzian und ein wenig Schwefel / stossens in einem Mörser / thuns in ein lSäcklein also warm in den Most verbailen ihn / und lassen das Fass vier Wochen ruhen.
Item man hängt ein frisches Stuck Speck in einem reinen Säcklein in das Faß / und vermacht das Bail / lasset nur ein Zäpflein in einem Luft-Loch / so man bißweilen öffnet.
Theils nehmen ein Loth Anis / zwey Loth Zucker / ein Loth Enzian /stossens und wärmens in einer Pfannen ein wenig / thuns in einem Säcklein in den Wein / verspunden das Faß / und lassens also vier Wochen ligen.
Item sieden Beyfuß-Wurtzel mit zwey Maßen guten Wein / und thun / nach Belieben / Gewürtz darzu / giessen es warm in den Most / soll vor alle Gebrechen gut seyn. Diese aber sind die besten Wein / die von Natur / und nicht nach Kunst / lieblich / dauerhafftig und gesund sind.
Item im Herbst / so bald der Most von der Presse in die Faß gethan wird / nimm zu einem Eymer drey Loth weisses Senff-Mehl / item ein halb Loth Wißmuth oder Marcasit / (wird bey den Materialisten gefunden) das kann man in einem Mörser klein wie Mehl stossen / unn heernach unter das Senff-Mehl mischen /alles in ein Schaff gethan / ein wenig Most daran gossen / mit einer Hand abgegriffen / daß es wie eine Suppen wird / und gantz kein Knörpelein verbleibe / alsdann ins Faß unter den Most gegossen / mit einem Weinstecken nur ein wenig gerührt / darauf das Faß mit Most gar zugefüllt / und letzlich gar mit einer Maß Wassers / darauf eine Hand voll Saltz / und also zugebailt / den andern Tage wieder aufgemacht / mit frischem Wasser wieder zugefüllt / und also verbailt / oder unverbailt stehen lassen / so wird er von Tag zu Tage je länger je klärer / in 14. Tagen oder drey Wochen muß man ihn vom Läger abziehen in ein Faß / das vorher einen guten Einschlag bekommen; in diesen süssen Wein muß man um Weynachten in einen Zehen-Eymer zwey Seidel Senff-Mehl in einem Säcklein hinein hängen / darzu absonderlich an einem Band ohngefähr 4. Pfund ungesaltzenen Speck / das Säcklein aber / wann sich der Wein um Ostern oder Pfingsten zur Arbeit ereignen sollte / muß man etliche mal wol austrucken / so benimmt es ihm das Sausen / und bleibt sässe; hat man aber einen verarbeiteten sauren Wein 7 er sey jung oder alt / soll man unter 10. Eymer anderthalb oder gar zween Eymer con diesem süssen Wein mischen / so wird er lieblich zu trincken. Diß Stuck ist mir von einem guten Freund bewährt communicirt worden.

 
 
 
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