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Das Gewann Unterweiler

Unterweiler mit dem Gewerbegebiet Bühlmatte

Von Josef Werner

Heimatbeilage vom 20.02.1981

Kommt man von Offenburg oder Ebersweier her nach Durbach, so hat man als Ortsfremder zunächst den Eindruck, als bilde der Unterweiler eine eigene, geschlossene Ortschaft. Dicht gedrängt an den munter dahinplätschernden Durbach oder auch angelehnt an den steil aufsteigenden Plauelrain, drängen sich die Anwesen dieses bedeutenden Zinkens.

Beginnend bei der Weilermühle, an der Gemarkungsgrenze zu Ebersweier, dehnt sich dieser Ortsteil über eine Strecke von rd. 650 m. Nach dem topographischen Wörterbuch des Großherzogtums Baden wurde der „Wiler“ bereits im Jahre 1328 urkundlich erwähnt.

Obwohl gerade die Bewohner dieses Ortsteils wegen der leichten Zugänglichkeit in Kriegszeiten oft Zuflucht im hinteren Tal suchen mussten, hat der Unterweiler über Jahrhunderte hinweg eine besondere Bedeutung für das Tal erlangt. 

Nicht weniger als 3 Mühlen waren im Unterweiler vorhanden, wobei die Weilermühle als bedeutendste, wenn auch nicht mehr in Funktion befindliche Mühle bis heute erhalten blieb. Der erste bekannte Besitzer der Mühle war laut einer Urkunde aus dem Jahr 1328 der Edelknecht Jörg von W i e d e r g r ü n , der im gleichen Talgrund westlich des Staufenbergs zwischen Nesselried und Ebersweier seinen Sitz hatte, und zwar als Lehensmann des Grafen Konrad von Freiburg. Im Jahre 1378 war sie im Besitz des Edelknechts Andreas von Wiedergrün. Im Jahre 1655 war die „alte Mühl“ Eigentum des Straßburger Bürgers Ullrich Marbach. Dieser verkaufte sie an den Amtmann der Herrschaft Staufenberg, Johann Michael Scherer. Sechs Jahre später, am 8. Januar 1661, veräußerte sie dessen Witwe, die „edle, vieltugendreiche Frau Anna Margaretha“, an den „hochwohlgeborenen Herrn C a r l N e v e u d e l a F o l i e , Ihrer hochfürstl. Durchlaucht Ferdinand Carls, Erzherzogs zu Oesterreich, Geh. Rat, Cammerer, Obersten und Landvogten in der Ortenau“ und dessen Nachkommen. Dies ist der Ahnherr der freiherrl. Familie v. Neveu. Die Mühle und deren Lage werden im Kaufbrief folgendermaßen beschrieben: „In den Stöcken, uf Staufenberger Territorio, nach vorn gegen den Durbach, hinten hinauf gegen den Haardtwald. – Ein neuerbautes Haus mit Hof, Scheuer, Stall samt einer abgegangenen Mahlmühlin neben dem dazugehörigen Mühl- und Wasserrecht. Item eine Blauel, Dörrstub und ein altes Scheuerlein, auch zwei Tauen Matten gleich inten daran, alles ahneinander.“ Der Kaufpreis betrug 300 Gulden.

Eine Öl-Mühle stand direkt unterhalb des jetzt als “Ölberg” bezeichneten berühmten Rebhanges, der seinen Namen nicht zuletzt von dieser Ölmühle ableitet. Neben Getreide wurde in dieser Mühle bis um 1930 insbesondere Raps- und Nussöl hergestellt. Ein schöner Mühlstein erinnert heute noch an das ehemalige Mühlenhaus.


Eine weitere Mahl-Mühle befand sich im letzten Anwesen des Ortsteils gegen Durbach. Bis um 1925 wurde hier eine Kundenmühle betrieben, woran heute nur noch der Mühlstein erinnert. Viele älteren Durbachern dürfte jedoch auch der Spruch am Giebel des alten Mühlenhauses in Erinnerung sein.

Wenn dieses Haus so lange steht, bis Hass und Neid vergeht, 

wird es so lange stehn, bis die Welt wird untergehn.“

Das alte Mühlenhaus musste einem Neubau weichen und mit ihm verschwand auch dieser schöne Spruch. Eine weitaus größere Bedeutung hatte dieses Gebäude, bzw. dessen Vorgänger-Mühle. Bis ins 16te Jahrhundert wurde hier von den Staufenbergern, und vornehmlich vom letzten und Bedeutendsten, nämlich Melchior Wiedergrün von Staufenberg, eine Pochmühle betrieben. In ihr wurde das gleich oberhalb im Hardtwald geschürfte Brauneisenerz gepocht. Mit dem Mühlrad wurde eine Poche (Stampfwerk) betrieben und das Erz vom „tauben“ Gestein getrennt. Vermutlich direkt nebenan wurden von dem Staufenberger in großem Stil Ofenplatten hergestellt, von denen man leider nur wenige, aber sehr schöne Exemplare in verschiedenen Museen findet. Um 1600 wurde die Verhüttung in Durbach eingestellt und das gepochte Eisenerz zunächst nach Oberkirch, und später mit Ochsenkarren nach Bühlertal in die dortige Eisenhütte gebracht. Während die beiden letzteren Mühlen ihr Wasser über einen jetzt noch vorhandenen Mühlbach vom sogenannten Bühlmattwehr bezogen, wird das Wasser zur Weilermühle über ein Wehr im Unterweiler selbst abgezweigt. 

Doch nicht nur Mühlen machen den Ortsteil wirtschaftlich so wichtig. Neben verschiedenen landwirtschaftlichen Höfen war das Handwerk der Weber beheimatet. Für viele alte Durbacher ist auch heute noch der Name “s’Weber Karls”, “der Weber Anton” und der “Weber Josef”, die alle einer Familie entstammten, ein Begriff, der auf den früheren Berufsstand dieser alteingesessenen Familien hinweist. Wie wichtig dieser Berufszweig noch bis zum ErstenWeltkrieg war, kann man ermessen, wenn man bedenkt, dass wie fast überall der Stoff bzw. das Leinentuch im Ort selbst hergestellt und verarbeitet werden musste. Zu diesem Zweck wurde allgemein Hanf gepflanzt. In verschiedenen Arbeitsgängen musste der Hanf zunächst “geblaugelt” werden. Die sogenannte “Blaugel” war ein Holzgestell, in dem der Hanf gebrochen, d.h. zerschlagen wurde, damit das Mark abgelöst und die einzelnen Fasern freigelegt wurden. 

In einer “Hanfrätze” unterhalb der Weilermühle wurden in einem weiteren Arbeits-gang das Mark und sonstige nicht brauchbare Teile aus den Hanffasern ausgeschwemmt. Der relativ saubere Hanf wurde in den einzelnen Haushalten gesponnen und dann den Webern zur Herstellung von Tüchern gegeben. 

Im Zusammenhang mit der sogenannten “Blaugel” ist auch die Namensgebung für den um 1863 als Rebhang angelegten “Plauelrain” zu sehen, dessen ursprüngliche Bezeichnung “Bl.augelrain” war. 

Im Zeitraum nach 1925 wurde am bis dahin unbewohnten linken Ufer des Durbachs, innerhalb des Ortsteils, eine kleine Siedlung von 7 Häusern erstellt. Eine weitere Häusergruppe wurde entlang des Verbindungsweges zum Ortsteil “Stöcken”, am damals noch vorhandenen Waldsaum des Hardtwaldes, in den Jahren um 1950 errichtet. 

Neben 6 Vollerwerbslandwirten und gleichfalls 6 Nebenerwerbslandwirten bewirt-schaften auch die meisten weiteren Bürger des Zinkens Rebland als Zuerwerb. Bedingt durch die Verkehrslage am Anfang des Durbachtales bildet das hohe Verkehrs-aufkommen ein besonderes Problem. Zum Unterweiler gehörend oder angrenzend, liegen die Gewanne “Neun Jeuch” und “Bühlmatte”. Gleichfalls angrenzend liegen auf Gemarkung Ebersweier die Gewanne “Birkenbosch” und “Bodenrütte”. Das Gewann Birkenbosch ist in Fortsetzung des Neubaugebietes “Allmend” zur Bebauung vorgesehen. 

Mit der Bebauung des Gewerbegebietes “Bühlmatte” wurde im Jahre 1973 begonnen. 11 Plätze sind in diesem Gebiet als gewerblich nutzbar ausgewiesen und zum Großteil bereits von einheimischen Handwerkern bebaut. 

Heute zählt der Ortsteil Unterweiler 37 Anwesen mit 149 Einwohnern und das Gewerbegebiet Bühlmatte 8 Anwesen mit 19 Einwohnern. 

Verlassen wir die letzten Häuser des Ortsteils Unterweiler, so öffnet sich uns das Tal, und zwischen Reben und einer erholsamen, mit Obstbäumen bestandenen Grünzone, erreichen wir den am dichtesten besiedelten Hauptort. 

Ergänzung: November 2015

Literaturnachweis: Die Weilermühle in Durbach, von Otto Kähni, „Die Ortenau 1962“

Gemeindearchiv

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