Doppelprimizfeier in Durbach
Offenburger Zeitung 26. Juli 1928
Durbach, 22. Juli
Ein so seltenes Fest, wie die Feier einer Doppelprimiz in einer Dorfgemeinde wird stets eine große Anziehungskraft auf das gläubige katholische Volk ausüben. So war es dieses Mal auch in Durbach bei der Doppelprimiz der hochwürdigen Herren Neupriester Sebastian Schweiger und Franz Wörner am heutigen Sonntag. Schon seit Wochen wurden alle Vorkehrungen getroffen, um den beiden Herren Primizianten einen würdigen Empfang zu bereiten. Mit einem Feuereifer wurde gearbeitet, ja man wetteiferte sich in der Ausschmückung der ganzen Strecke, die die Primizianten begehen sollten. Wurden doch nicht weniger als vierzehn Triumphbogen errichtet, wobei besonders auch wieder echte Volksart und Volkskunst zum Ausdruck kam.
Feierlicher Empfang der Primizianten
Die Herren Primizianten wurden am Freitagnachmittag am Bahnhof Windschläg feierlich abgeholt. Ein stattlicher Zug mit vierzehn reichgeschmückten Wagen, davon die Wagen für die Primizianten mit grünen Blumengewinden, die sinnvoll reich mit Lilien geschmückt waren, ging an reichgesegneten Aehrenfeldern vorbei, durch das idyllische Nachbardörfchen Ebersweier, zwischen grünen Matten bis die erste Ehrenpforte im Unterweiler, die sogar zwei Springbrunnen hatte, erreicht war, um dann dem Ziele ins rebenumkränzte Durbachtal entgegenzugehen. Hier hatte sich bereits eine große Anzahl der Einwohner eingefunden, auch Auswärtige sah man darunter, um einen ehrenden Empfang zu bereiten. Die Glocken läuteten, Böllerschüsse ertönten, und in der Pfarrkirche war ein feierlicher Empfang. Der Ortsgeistliche hochw. Herr Pfarrer Lehn, hielt eine zu Herzen gehende Begrüßungsansprache an die hochw. Herren Primizianten. Die Primizbräutchen trugen in herzlicher Weise ihre Gedichte vor. Von den Besuchern wurde das Lied gesungen: „Ein Haus voll Glorie schauet“. Die hochw. Herren Neupriester gaben der versammelten Menge den neupriesterlichen Segen, worauf das „Großer Gott“ gesungen wurde. Nach Beendigung dieses feierlichen Empfanges fuhr der festliche Zug, dem sich Radfahrer anschlossen, durch das Dorf nach den Wohnungen der beiden Primizianten nach Durbach-Obertal, zuerst in die des Herren Neupriesters Schweiger, am Fuße der Brandeck, wo fleißige Hände ein wahres Blumenparadies errichteten, dann zurück in die des Herrn Neupriesters Wörner am Dünberg, wo ihm zu Ehren am Fuße des Bergleins eine prächtige Ehrenpforte errichtet war.
Die Fest-Gottesdienste
Am frühen Morgen schon sah man eine große Anzahl auswärtiger Festteilnehmer hierher pilgern, manche waren schon abends zuvor hierhergekommen, aus der ganzen Offenburger Umgebung und von Offenburg selbst, ganz besonders aber aus der Oberkircher Gegend und aus dem ganzen Renchtal. Eine gewaltige Menschenmenge bewegte sich auf dem großen Platze beim Pfarrhaus, alten Schulhaus und bei der Kirche. In den Frühgottesdienst, die von den hiesigen Pfarrangehörigen gut besucht waren, wurden von den hochw. Herren Neupriestern die heilige Kommunion ausgeteilt.
Um 8 Uhr war die
Primiz des hochw. Herrn Neupriesters
Sebastian Schweiger.
In festlichem Zuge marschierten unter den Klängen der hiesigen Musik die Schützenabteilung, der Militär- und Kriegerverein, Feuerwehrverein, Turnverein und katholischer Burschenverein vom Rathausplatz zum Pfarrhaus. Die Musik spielte im Hofe des Pfarrhauses, das für diesen Festtag gut gewählte Musikstück: „Das ist der Tag des Herrn!“ In feierlicher Prozession wurde hierauf der hochw. Herr Primiziant im Pfarrhaus abgeholt. Der Gemeinderat, als Vertreter der politischen Gemeinde, schloß sich der hochw. Geistlichkeit an, dann kamen die Angehörigen und Verwandten des Primizianten und eine große Zahl Festteilnehmer; die Vereine bildeten Spalier, die Schützenabteilung salutierte, die Musik voran spielte einen prächtigen Festmarsch. In der Kirche sang der Zäzilienchor unter der tüchtigen Leitung ihres Chordirigenten, Hrn. Hauptlehrer Geierhaas das Lied: „Ein Priesterherz ist Jesu Herz“. Nach dem gut vorgetragenen Predigtlied, bestieg der Rektor des Pallotinerklosters in Konstanz, Herr Pater Sälzler, die Kanzel, um in einer wirkungsvollen Festpredigt den Zuhörern Würde und Macht des Priestertums vor Augen zu führen, auch an den Primizianten richtete er herrliche Worte, da doch dieser das opfervolle Amt eines Missionars sich auserwählt hat. Das levitierte Hochamt wurde gehalten unter Assistenz des hochw. Herrn Ortspfarrers, die Levitendienste verrichteten die hochw. Herren Wendelin Müller von hier, zur Zeit Kaplan in Meßkirch, und Joseph Stocker, Kaplan in Zell a.H. Der Kirchenchor sang die herrliche Messe: „Missa Dominicalis“ von Griesbacher, mit Orgelbegleitung.
Um 10 Uhr war dann die
Primiz des hochw. Herrn Neupriesters
Franz Wörner.
Von Seiten der Vereine wurden dem hochw. Herrn Primizianten dieselben Ehrungen zuteil wie seinem geistlichen Mitbruder. Die Musik spielte im Pfarrhause die Weihehymne: „Die Himmel rühmen des ewigen Ehre“. In feierlichem Zuge wurde auch zu dieser zweiten Primiz zur Kirche gegangen. Vor der hochw. Geistlichkeit gingen, wie bei der ersten Primiz, weißgekleidete Mädchen mit grünen Blumengewinden, in der Mitte wieder das Primizbräutchen, auf einem Kissen das Kränzchen mit Aehren und Weintrauben vorantragend, die Versinnbildlichung von Brot und Wein im Altarsakrament. Bei dieser Prozession war die große Verwandtschaft des Primizianten und wieder eine gewaltige Teilnehmerzahl vertreten. In der Kirche angekommen, sang der Kirchenchor nochmals das Lied: „Ein Priesterherz ist Jesu Herz“. Die Festpredigt hielt der Professor Dr. Hofherr aus Freiburg, und behandelte im Anschluß an die Heilandworte: „Komm und folge mir!“ im besonderen die Würde, Bürde und Opfergeist des Priesters. Auch hier wurden an den Primizianten väterliche Worte gerichtet, stets gewappnet zu sein für den Kampf um den heiligen Glauben, da ja auch dieser Primiziant sich eine große Aufgabe gestellt hat, nämlich in die Diaspora ins Sachsenland zu gehen, auch hier gilt es um Missionsarbeit im eigenen Vaterlande. Wie in der ersten Primiz wurde nach der Festpredigt der neupriesterliche Segen erteilt. Das darauf folgende Hochamt wurde gehalten unter Assistenz des hochw. Herrn Ortspfarrers, Diakon war hochw. Herr Kaplan Stocker von Zell a.H. und Subdiakon Josef Anton Nitsche von Meersburg, z.Zt. Kaplan in Elzach, beide Studiengenossen von Wörner. Die Loretto-Messe von V. Goller, mit Orgelbegleitung, wurde vom Kirchenchor musterhaft gesungen. Nach dem sakramentalen Segen und dem Ambrosianischen Lobgesang. „Großer Gott“, fanden die Festgottesdienste für den Vormittag ihren Abschluß.
In der Vesper mittags wurde das „Pange lingua“ von Faist vom Kirchenchor gesungen. Ein dreistimmiger Frauenchor sang das „Ave Maria“, und Fräulein Eisner von Freiburg in prächtiger, hinreißender Weise: „Geh zu Maria, fromme Seele“ von Manner.
Festessen im „Ritter“
Bei dem Festessen beglückwünschte unser Herr Ortspfarrer Lehn die Primizianten und Angehörigen und schilderte den Werdegang und auch die Opfer, die gebracht werden mußten, um dieses schöne Fest begeben zu können, und brachte dann einen Toast auf die Primizianten und Angehörigen aus. Herr Bürgermeister Wörner sprach als Vertreter der politischen Gemeinde ebenfalls seinen Glückwunsch aus und entbot den Primizianten den Willkommensgruß der ganzen Einwohnerschaft. In gut gewählten Worten zeigte er, wie die hiesige katholische Bevölkerung Anteil nimmt an diesem schönen und seltenen Feste. Mit den besten Glückwünschen für das fernere Wirken der beiden Primizianten, schloß Herr Bürgermeister seine trefflichen Ausführungen. Herr Kaplan Stocker von Zell a.H. sprach im Namen der anwesenden Studienfreunden seinen Dank aus allen denen, die zum guten Gelingen des Festes beigetragen haben. Während des Festessens spielte die hiesige Musik, die ihr meisterhaftes Können wieder aufs beste zeigte.
Festversammlung
Nachmittags fand im Saale zur „Eintracht“ eine Festversammlung statt unter freundlicher Mitwirkung des Kirchenchores und der Musikkapelle. Nach dem Musikstück „Schwabentreue“ betrat hochw. Herr Pfarrer Lehn das Rednerpult und begrüßte die so überaus zahlreich Erschienenen und richtete an die Versammlung einen warmen, kräftigen Apell, nicht nur am heutigen Tage, sondern immer als aufrechter Katholik die katholische Sache zu fördern, und wenn es gilt, auch zu verteidigen. Brausender Beifall lohnte seine in markanter Weise gemachten Ausführungen. Ein Männerchor „Heilig ist der Herr“ von Schubert, wurde von Sängern des Kirchenchores prächtig vorgetragen. Nun folgte ein Festspiel, in dem die sieben hl. Sakramente, von weißgekleideten Mädchen in Engelsgestalt in wunderschöner Weise und in herrlichen Gedichten vorgetragen wurden. Nach dem Musikstück „Largo“ von K. Jhl, und dem gemischten Chor „Ein Kirchlein steht im Blauen“ von Gersbach, die von der Musik wie vom Kirchenchor gut vorgetragen wurden, hielt Herr Dr. Rappenecker von der Caritaszentrale Freiburg die Festrede und sprach hierbei über katholische Tagesfragen. Er entwarf ein Bild über die gegenwärtige Lage der katholischen Kirche, wie in Mexiko, Amerika, China, Rußland, ging dann über zur Schilderung der religiösen, politischen und kulturellen Verhältnisse im eigenen Vaterland. Die Katholiken haben hier große Aufgaben zu erfüllen und müssen eine geschlossene Einheitsfront bilde, um den Abwehrkampf gegen die Auswüchse des modernen Kulturlebens, wie Mode, Sport, Theater, Kino, Presse usw. aufzunehmen und am wirklichen Aufbau des Vaterlandes mitzuarbeiten. Für die Ausführungen fand der Festredner reichen Beifall. Die Musik spielte ihr Preismusikstück, Ouvertüre „Des Senners Glück“ von Aßmann, unter der meisterhaften Stabführung des Musikdirigenten Herrn Moritz Bodenheimer. Der Chor „Engel des Herrn“ von Danneffel, wurde vom Kirchenchor unter der bewährten Leitung ihres Chordirigenten, in vorzüglicher Weise zu Gehör gebracht. Nachdem noch das Musikstück „Lieb um die Hirtin“ von Cortopaß, und „Abendgebet“ für Solo und gemischter Chor, von Engelhardt, vorgetragen war, ergriff Herr Neupriester Franz Wörner das Wort und dankte im Namen beider Primizianten allen, die dazu beigetragen haben, um ihren Ehrentag in würdiger und festlicher Weise zu begehen. Ganz besonders dankte er auch den Vereinen für ihre Mitwirkung am heutigen Festtage. Zum Schluß brachte er ein dreifaches Hoch auf die geistliche Obrigkeit aus, in das die Festversammlung begeistert einstimmte. Mit dem darauf gespielten Musikstück „Mussinan Marsch“ von C. Carl, fand die überaus gut verlaufene Festveranstaltung ihren Abschluß.
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Herr Neupriester Sebastian Schweiger ist in Durbach geboren. Seine Mutter, die in Durbach-Ergersbach auf dem hintern Huberbauernhof gebürtig ist, ist während des Krieges gestorben. Der Vater hat sich mit einer braven Bürgerstochter wiederverheiratet. Ein Großonkel, der verstorbene Pfarrer Schweiger, war längere Zeit Pfarrer in Ortenberg.
Herr Neupriester Franz Wörner ist in Karlsruhe geboren. Seine beiden Eltern sind gestorben. Der Vater war ein Bruder der Geschwister Wörner am Dünberg, hier, von wo der Primiziant heute auch ausging. Seine Schwester ist Lehrfrau im Kloster zum heiligen Grab in Baden-Baden, und bereitet sich gegenwärtig zum Staatsexamen vor auf der Universität München.
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Bei diesem Primizfeste konnte man auch künstlerische Werte sehen. Ein ovales Faß war neben der prächtigen Ehrenpforte bei der Kirche ausgestellt, das eine feine und sinnige Bildschnitzerei aufweist. Auf dem vorderen Bodenstück sind die Symbole des hl. Meßopfers, Kelch mit Hostie, mit Aehren und Weintrauben umrankt, eingeschnitzt. Darüber steht: „Erste hl. Messe in Durbach 1928“, und auf einer Schleife das Christuswort: „Gehet hin und lehret alle Völker.“ Auf zwei Wappen sind die Namen der beiden Primizianten eingraviert. Den Faßriegel bildet ein künstlerisch ausgeführter Fisch, das symbolische Zeichen für Christus, wie es vielfach in den Katakomben dargestellt ist. Die Kunstarbeit hat Herr Bildhauer Hoffmann in Zell-Weierbach ausgeführt. Herr Küfermeister Franz Hettig von hier, hat das Faß als Erinnerung an die Doppel-Primiz angefertigt.
In der Kirche selbst war am Hochaltar die dort angebrachte elektrische Beleuchtung zu bewundern. Das große St. Heinrichsbild ist wie mit einem Sternenkranz mit elektrischen Lichtern eingerahmt. Ueber diesem Altarbild ist kunstvoll ein Kelch mit Hostie, ebenfalls mit Lichtern umkränzt. Während den beiden Hochämtern erstrahlten die zwei elektrischen Kronleuchter und der Hochaltar in vollem Lichterglanze, und gaben dem Ganzen ein weihevolles, feierliches Gepräge. Ebenso war am Samstag- und Sonntagabend der Kirchturm festlich beleuchtet; eine wunderschöne Jllumination mit farbigen elektrischen Lampen. Es ist dies ein Verdienst des jungen Herrn Johann Danner im Unterweiler, der in uneigennütziger Weise dieses Werk vollbracht hat.
Ueber diese Doppelprimizfeier, ein Freuden- und Jubelfest im wahrsten Sinne des Wortes, und die auf jedermann einen nachhaltigen Eindruck machte, ist man überall des Lobes voll. Es war zugleich auch ein Volksfest, das allen Besuchern in angenehmer Erinnerung bleiben wird.
Abschrift Dezember 2019
Josef Werner, Ratschreiber i.R.
Anmerkung: Schreibweise von 1928 wurde übernommen
Franz Wörner:
*30.04.1903 in Karlsruhe
Eltern: Georg Wörner *20.10.1863 in Durbach (Dünberg) und Mathilde
Großeltern: Wörner, Frz. Anton *03.01.1818 in Durbach und Huber, Anastasia *30.12.1823
Priesterweihe am 14.07.1928 im Dom zu Bautzen
Kaplan in Leipzig und Schirgiswalde
Wirkte als Pfarrer in Wurzen/Sachsen Herz-Jesu-Kirche vom 16.1.1937
bis zu seinem Heimgang
23.09.1966 in Leipzig, beerdigt in Wurzen