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Bergwein Lese

Die diesjährige Lese in der Rebanlage des Museums ist geschafft. Viele Hände und Helfer waren beteiligt. 
Die Rebfläche im Wein- und Heimatmuseum ist in die Jahre gekommen und älter als das 1988 eröffnete Wein- und Heimatmuseum.

Angelegt hat sie im ehemaligen Spitalgarten bereits im Jahr 1985 der Winzer Heinrich Männle. Sein Ziel war es, die Rebsorten zu zeigen, die dafür sorgten, dass im 18. Jahrhundert der Rebort Durbach weltberühmt wurde. Das Museum will dies den heutigen Besuchern des Museums in Erinnerung rufen. 

Den nach dem deutschen Weinrecht genannten Rotling gab es immer schon, lange bevor das Weinrecht diesen Namen nutzte. Früher hieß er in Durbach Bergwein. Er wurde aus den im Mischbesatz stehenden Reben gelesen und wanderte als Konglomerat aus Rot- und Weißwein in die Trotte und in die Fässer. 

Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts galt Durbacher Bergwein – häufig auch despektierlich Händelwein bezeichnet – als Hauptwein des Verkaufs, wie Eugen Weiss in seiner Doktorarbeit über den Rebort Durbach 1910 nachwies. Seine Doktorarbeit ist erhalten geblieben und befindet sich im Dissertationsarchiv der Universität Heidelberg. Weiss veröffentlichte 1911 auch das erste Buch über den Rebort Durbach. Die Weinbaugeschichte Durbachs hat er in diesem Buch aus der Überlieferung der Durbacher Bevölkerung niedergelegt. Sein Buch ist vergriffen, was beim Jahr der Veröffentlichung nicht verwundert. 

Eugen Weiss war lange Zeit als Ökonom im Oberamt Offenburg tätig. Sein Vater Jacob besaß in Durbach bis 1913 einen Rebhof, das heutige Anwesen Winfried Laible im Hatsbach. Er verkaufte seinen Durbacher Wein in seinem Karlsruher Weingeschäft, dem auch ein Geschäft in Rastatt folgte. 

Aus seinem Rebhof stammt die 120 Jahre alte Entbeermühle, die bei der diesjährigen Lese erstmals wieder genutzt wurde. Sie erledigte ihre Aufgabe mit Hilfe einiger Tropfen Öl klaglos und erfolgreich. Diese Maschine sorgte bereits um 1890 maschinell zur Trennung der Beeren von Rappen bzw. dem Traubengerüst.

Zu den Helfern bei der Lese gehörte auch das in Durbach den Urlaub verbringende Ehepaar Hambloch, das bei der Entbeerung kräftig mit Hand anlegte.

 „Wir haben so etwas noch nie gesehen und freuen uns, dabei sein zu dürfen. Es ist neu und spannend, zu sehen, wie Wein gemacht wird“

Klaus Hambloch am Drehrad der Trauben-Entbeermühle (25.09.2019)


20 verschiedene Rebsorten, darunter einige ehemalige, wurden gelesen. Räuschling, Elbling, Colmer (Knipperle), Weißdruser, Schwarzriesling (Pinot Meunier), Clevner (Savagnin rose) und natürlich Riesling und Spätburgunder, aber auch Portugieser kamen in die Presse. Über 80 Grad Oechsle wurden im Most gemessen. Daraus wird das neue Museumströpfle als Rotling ausgebaut. 

Rotling gibt es auch anderswo. Seinen Ursprung hatte er in Sachsen, wo er bereits im 16. Jahrhundert Schieler genannt wurde. Der Namen stammt nicht vom Dichter Schiller, sondern von seiner schillernden Farbe. Der heutige Schieler aus Sachsen muss in Sachsen gewachsen sein und, was noch wichtiger ist, er muss aus Weinbau im gemischten Satz stammen. Das ist im Weinland Baden nicht Bedingung, trifft aber auch für das Museums-Tröpfle zu. Württembergischer Schillerwein ist kein Rotling.

Über das Jahr verteilt macht der Pflanzenschutzberater im Landratsamt a.D., Hubertus Gernoth, die Arbeiten in der Rebanlage. Er folgt damit Ida Werner und Josef Männle, die über lange Zeit im Museumsweingarten tätig waren. 

Das Durbacher Museumströpfle als Rotling ist eine Rarität, was nicht der geringen Weinmenge, sondern zuerst dem erlesenen Geschmack geschuldet ist. Fruchtig mit einem frischen Anklang von Räuschling-Säure und der Colmer-und Weißdruser-Frische, gepaart mit dem unverwechselbaren Geschmack des Spätburgunders, ist er der perfekte Begleiter für jedes Vesper.
 
Armin Wagner

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