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Der Klingelberger als Wiege des Qualitätsweinbaus

 

Wie vielfach im badischen Land wurde auch in der Herrschaft Staufenberg der Weinbau über Jahrhunderte hinweg mehr unter dem Aspekt der Erzielung einer großen Weinmenge als zur Erzeugung eines Qualitätsweines betrieben. Steuern und Weinzehnten belasteten die Winzer, und so wurde auf die kargen Böden in den Steilhängen des Durbachtals ein Durcheinander von verschiedenen Sorten gepflanzt. „Druser“ „Räuschling“, „Rießling“ und „Burgunder“ waren die gängigsten Sorten, die als „wurzelechte“ Reben meist in gemischtem Satz und dazu noch ohne bestimmten Zeilen- oder Stockabstand bewirtschaftet wurden.

Im 16ten und 17ten Jahrhundert zählte man in der Herrschaft Staufenberg ca. 200 „haushäbliche Bauern“, die  den verschiedenen Dienstherren als Leibeigene verpflichtet waren. Bauern mit Eigengut waren in dieser Zeit kaum vorhanden. Rebland steht in jedem Güterkaufbrief und es ist zu vermuten, dass der Weinbau schon vom frühen Mittelalter an einen recht großen Umfang hatte. Neben der Landwirtschaft wurde über Jahrhunderte hinweg auch der Weinbau sowohl an den Hängen, wie auch in den Tallagen betrieben. Erst im 18ten Jahrhundert suchte man nach und nach durch Sortenauswahl und Ausstockung von Waldland an guten Lagen eine Besserung der Qualität des Weines zu erzielen. Schlechtes Rebland wurde wieder in Acker und Wiesen verwandelt um auch der Klage zu begegnen, die Herrschaft Staufenberg erzeuge ihren Bedarf an „Brodfrucht“ nicht. Die Winzer bewirtschafteten ihre Rebhöfe meist im damals üblichen „Drittelslehenverhältnis“, d.h. ein Drittel der Ernte musste dem „Verleiher“ des Bodens abgeliefert werden. Die meisten Bauern arbeiteten jedoch nur als Taglöhner eines Edelmanns, des Klosters Gengenbach oder Allerheiligen, oder eines Bürgers, dem der Rebhof zustand. Ebenso wurden verschiedene Rebhöfe auch im „Halbpacht“ betrieben, wie z. Bsp. der „Bennengraben (jetzt Bienengraben) im Heimbach. Im Copialbuch von 1561 über die „Leiennung“ des Junker Hanns Stollen gegen seinen Rebmann Jacob Köbele wird vereinbart, dass dieser jährlich zu Herbstzeiten „durch den mundtbotten zuverlichten und in die Faß zu liffern schuldig sei, den halben teil wein so uff dem Rebgut wechst.“  Kein Wunder also, dass man mehr um reichlich „Brühe“ von großen Beeren bemüht war, und die Stöcke so eng pflanzte, dass kaum ein Sonnenstrahl die Trauben erreichte. Im Jahrhundert vor und nach dem 30jährigen Krieg wurde allgemein Klage geführt, der Wein sei viel schlechter geworden als er früher gewesen. Die einzelnen Rebsorten wurden nur sehr selten angeführt. Meist erfahren wir nur welche Menge das „Juch“ 1) Reben an „edeln Weins“, an „rothem“ oder an „hünschem“, das ist geringer oder schlechter Wein. Der edelste Durbacher Wein war schon damals w e i ß e r  Wein und wurde auf guten Rebhöfen entsprechend sortiert.

1680 wird der Weinvorrat auf Schloss Staufenberg beschrieben, womit annähernd auch das damalige Verhältnis der angebauten Sorten zu ersehen ist. Es war Zinswein aus der ganzen Herrschaft: 1 Fuder 16 Ohm Klingenberger, 3 Fuder 10 Ohm rother Wein, worunter der „Huzelwein“ einbegriffen war und 37 Fuder 2 Ohm gemeiner weißer Wein.

Die frohndpflichtigen Bauern mussten den geschuldeten Weinzehnt nicht nur aufs Schloss oder die weiteren Zehntkeller in der Herrschaft bringen, sondern teilweise auch von dort nach Rastatt. Hierzu waren wegen der damaligen schlechten Wegverhältnisse Gespanne von 4 – 6 Ochsen erforderlich, welche wegen des nötigen Geschirrs i.d.R. nur auf größeren Gütern vorhanden waren.

Nach den Wirren des 30jährigen Krieges, und den mehrfachen Besetzungen und Übergriffen der Franzosen auf die Herrschaft Staufenberg, grünten die Durbacher Rebberge wieder zur Freude der Winzer. Sie trugen Wein von der besten Qualität und schon 1765 wurde der Durbacher Wein meistens als „Serenissimi Badensis Mundwein“ bezeichnet. Landwirtschaft und Weinbau erfuhren in dieser Zeit durch den Feldzeugmeister und kaiserlichen Gesandten, Freiherr von Ried, auf seinen Rebhöfen im Staufenberger Amt eine neue Qualität. Dieser legte wahre Musterschulen für Reben und den Ackerbau an. Er baute auch zuerst die Klingelberger (Riesling) Traube an, welche bis heute den wohl feurigsten badischen Wein liefert. Die Musterschulen und Beispiele des Freiherrn von Ried gelangten vom Visitator des Markgrafen auch bald ans Ohr von C a r l  F r i e d r i c h , dem späteren Großherzog. Bereits nach einer baden-badischen Verordnung von 1762 wird festgelegt, dass „die Anlegung  neuer Weingärten nicht ohne amtliche Ratifikation geschehen, an Orten, wo kein guter Wein wächst, nicht gestattet wird.“

 

Als 1771 die Herrschaft Staufenberg und das darin gelegene sogenannte „Kammergut“  unter baden-durlachische Verwaltung kam, fand der zur Visitation entsandte Präsident von Gayling die Rebhöfe noch alle mit Stroh bedeckt und meist vernachlässigt. Die Reben waren wegen mangelhafter Düngung in schlechtem Zustand, so dass er einige Rebhöfe zur Erzielung einer guten Qualität in die eigene Administration empfahl. Obwohl diese Empfehlung letztlich nicht ausgeführt wurde, so veranlasste Markgraf Carl Friedrich zur Verbesserung der Situation des Weinbaus doch, dass der Weidgang des Viehs in den Wäldern abgeschafft und auf Stallfütterung umgestellt wurde. Dadurch stand der Mist als kostbarer Dünger für die Reben zur Verfügung. Wo das Gelände für Futterkräuter nicht geeignet war, wurde die Anpflanzung von Kastanienwald zur Erzielung von Rebstecken empfohlen. Nachdem die äußeren Vorbedingungen geschaffen waren, ging man bald daran, an besonders geeigneten Plätzen den Boden herzurichten und neue Reben anzulegen, insbesondere deshalb, um die Untertanen über zweckmäßige Behandlung der Reben beim Setzen, Beschneiden usw. zu belehren, vor allem jedoch um edleren Rebsorten in Durbach Eingang zu verschaffen. 

1776 wird im Visitationsbericht festgestellt, dass „ein Haufen“ Reben aus 300 Stöcken besteht und 22 solcher Haufen einen Morgen oder ein Jeuch ausmachen. Eine Auswahl nach Sorten konnte von den Winzern auch deshalb nicht durchgeführt werden, weil sofort nach dem Herbst der Weinzehnt als Most an der Kelter erhoben wurde. Die Zehntherren achteten auch darauf, dass zur Vermeidung von „Unterschlagung“ oder „Unterschleif“ wie dies bezeichnet wurde, alles zu gleicher Zeit geherbstet wurde und die Zehntabgabe evtl. nur mit minderwertigeren Weinen geleistet wurde. 

Bei der im Jahre 1776 begonnenen Anlage eines neuen herrschaftlichen Rebhofes auf dem sogenannten „Duppelsberg“ bei Schloss Staufenberg wurden die vielfachen Anregungen und Erfahrungen, die man an anderen Orten gewonnen hatte, in die Tat umgesetzt. Es wurden zur Anpflanzung Gräben gezogen, Waldboden wurde zur Verbesserung des Bodens herbeigeschafft und es wurden 8.000 Setzlinge von der kleinen Rieslingsorte aus den herrschaftlichen Reben zu (Karlsruhe)-Durlach gepflanzt. Den Durchbruch zum Qualitätsweinbau fand man jedoch erst im Jahre 1782 mit der Anpflanzung von 2.000 zweijährigen Riesling-Würzlingen aus dem berühmten Weinberg zu Bergen und 1.500 Stück aus der Nähe von Frankfurt  in den „Klingelberg“ bei Staufenberg. Die geringeren Rebsorten hatte man zuvor gerodet. Ebenso pflanzte man diese edlen Setzlinge in den „Starzengrund“ und in den „Bienengraben“. Für die Setzlinge wurde der für die damaligen Verhältnisse stolze Preis von insgesamt 25 ½ Gulden bezahlt. Die neue Sorte gedieh so vortrefflich, dass man schon nach wenigen Jahren Setzlinge abgeben konnte. Doch nicht nur die Pflanzen gediehen gut, sondern auch der Sortenrein ausgebaute Wein war so ausgezeichnet, dass man in Durbach und der Ortenau seither nur noch vom „Klingelberger“ sprach. Die herrschaftlichen Reben im Amt Staufenberg erhielten somit für den Qualitätsweinbau in der gesamten Region eine erhebliche Bedeutung. Die herrschaftlichen Rebmeister und Küfer von Schloss Staufenburg wurden in der Umgebung immer mehr zu Rate gezogen, wenn es galt Weinberge neu anzupflanzen oder Sortenauswahl zu treffen. 

Selbst in der „Geographisch-statistisch-topographischen Beschreibung des Großherzogthums Baden“ von A. J. P. Heunisch, (erschienen 1833 in der akademischen Buchhandlung von Karl Groos, Heidelberg), wird der Klingelberger als besonders berühmt angepriesen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass man in geeigneten Lagen der näheren Umgebung, wie z.Bsp. in Oberkirch-Tiergarten, unter Beiziehung des herrschaftlichen Rebmeisters Kiefer von Durbach, einen neuen Rebberg anlegte und den „Klingelberger“ dorthin verpflanzte. Seither findet sich dort gleichfalls die Lage „Klingelberg“. Ebenso findet sich ein Gewann „Klingelberg“ auf der bis 1935 zu Durbach gehörigen Gemarkung Bottenau. 

 

Riesling ist in ganz Deutschland der Begriff für einen spritzigen, säurebetonten und süffigen Wein. 

Klingelberger ist das Synonym für einen zur absoluten Reife und Ausgewogenheit gelangten Riesling, der seine idealen Voraussetzungen zum Gedeihen im Granitverwitterungsgestein des Gewanns „Klingelberg“ und der Umgebung von Schloss Staufenberg gefunden hat. Der „König der Weißweine“ fordert viel Sonne. Er liebt die mineralhaltigen leichten Verwitterungs-Böden und duldet kaum eine Ansiedlung in frostreichen und den Herbstnebeln zu sehr ausgesetzten Lagen. 

Die hellgrünen Blätter des Klingelbergers färben sich im Herbst gelblich. Nur schade, dass man die ursprünglichen, am Klingelberg beheimateten Klonen * mit den kaum handgroßen, kompakten Trauben, die selten eine „Achsel“, d.h. eine Verzweigung der Traube haben, heute kaum noch findet. Typisch für den „alten Klingelberger“ sind meist kleine, gelbe bis golden schimmernde Beeren, die bei guter Reife zudem vielfach „Sommersprossen“ aufweisen. Eine Traube, die auch bei hohen Öchslegraden wegen der gleichzeitigen Säure ein wahrer Genuss darstellt und zu Traubenkuren bestens geeignet ist. Seit Anfang der 1960er Jahre haben sich Klonen mit weniger empfindlichem Riesling, und großen, den Müller-Thurgau teilweise übertreffenden Trauben stark durchgesetzt. Moderner Pflanzenschutz und günstige Witterung haben auch dazu geführt, dass „Übermengen“ vor der eigentlichen Traubenreife vom Stock und auf den Boden geschnitten werden. Jetzt sehnt man sich vielfach wieder nach diesem „altenKlingelberger“, dessen Heimat und Qualität sprichwörtlich Sagenumwoben ist.

 

1.)    ein Juch = auch Juchard oder Jeuch ist die Fläche, welche ein Joch Ochsen
        an einem Tag bearbeiten konnte. Entsprechend ca. 3000qm

* Klonen = Züchtung

Unterlagen: Weiß: „der badische Rebort“ Seite 64

Plan der Herrschaft Staufenberg: 
GLA Karlsruhe Pläne  Signatur:           H Staufenberg 1
oder                                                    H Staufenberg 2              

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